Anonyme Umfragen erheben den Namen der Befragten nicht. Dennoch kommen immer wieder Zweifel daran auf, ob diese Anonymität wirklich gewahrt ist oder bleibt. Drei oft genannte sensible Punkte bei Online-Befragungen möchte ich hier darlegen: (1) Einladung zur Umfrage, (2) Auswertung von Antwort-Kombinationen, (3) Verbleib der Daten.
(1) Einladung zur Umfrage
Bei offenen Umfragen (z. B. gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern, die regelmäßig Museen besuchen) führt ein frei zugänglicher Link auf die Startseite der Umfrage. Die von mir meist eingesetzte Plattform SoSci Survey muss zwar aus rechtlichen Gründen die IP des Absenders vermerken, stellt diese aber den Durchführenden von Umfragen – also beispielsweise mir – nicht zur Verfügung, erst recht nicht einem Auftraggeber, z. B. einer Behörde oder Firma. Wirkung: wer eine solche Umfrage durchführt, hat keine technische Möglichkeit, die Identität des Antwortenden zurückzuverfolgen.
Bei der Befragung einer geschlossenen Gruppe (z.B. Mitglieder- oder Mitarbeiterbefragung) ist der Zugang zur Umfrage, den die zu Befragenden nutzen, beispielsweise über einen Link mit Schlüssel möglich: Die Adressaten erhalten eine Einladungs-E-Mail samt persönlichem Zugangslink. Der Durchführende der Befragung kennt also alle E-Mail-Adressen, und er sieht im Befragungs-Tool zudem, wer seine E-Mail empfangen hat und wer den Fragebogen geöffnet hat. Vorteile:
- die Mitmachenden können das Ausfüllen ihres Bogens nötigenfalls unterbrechen und später dank ihres individuellem Links in ihrem Fragebogen fortfahren;
- eventuell falsche oder geänderte E-Mail-Adressen (auch "Postfach voll") können nachträglich korrigiert werden;
- "Säumige" können zu gebührender Zeit ein Mal an das Mitmachen erinnert werden.
Aber garantiert all das noch immer die Anonymität? Ja! Weil der Durchführende (a) das Wissen, wer (nicht) mitgemacht hat, nicht weitergibt. Nie. (b) Weil auch der Durchführende von einer Plattform wie SoSci Survey keine Verbindung erhält zwischen dem Einladungslink und dem ausgefüllten Fragebogen: Niemand kann also erkennen, welcher Fragebogen von welchem Zugangslink her ausgefüllt wurde. Die Plattform stellt sich technisch zwischen die Einladungsliste und den Fragebogen.
(2) Auswertung von Antwort-Kombinationen
Ein anderer Einwand lautet: "Auch wenn ich meinen Namen nicht hinschreibe: in unserer kleinen Firma ist anhand der Kombination meiner Antworten deutlich, dass nur ich der Ausfüllende gewesen sein kann." Ja, das kann sein, geht aber davon aus, dass der beantwortete Fragebogen als Ganzes unmittelbar auch an die Firma ausgehändigt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall: Niemand außer mir als Durchführendem einer Befragung sieht einen solch vollständig ausgefüllten Fragebogen. Außerdem:
- Antwortkombinationen werden in seriösen Umfragen generell nur auf einem abstrakten, nie auf einem persönlichen Niveau analysiert. Analysen fragen also z.B.: Gibt es einen Unterschied Frauen / Männer hinsichtlich des Aspekts X? Oder: Korrelieren die Antworten zum Thema A mit den Antworten zum Thema B? Das heißt: Ich interessiere mich – sozusagen – nicht für den Einzelfall.
- In Berichten wird nur dann über Untersuchungsgruppen geschrieben, wenn dies inhaltlich relevant ist und diese Gruppen mindestens fünf Individuen umfasst. Wenn also ein Betrieb 1 Geschäftsführerin hat und diese Kategorie auch abgefragt wurde, wird der Fragebogen der Geschäftsführerin im Kollektiv des Betriebs mitgezählt oder ggf. auch in der Gruppe "Frauen" oder in der Gruppe "34 - 45 Jahre alt"; aber die Gruppe "Geschäftsführer" wird nicht untersucht und dargestellt, weil sie weniger als fünf Personen umfasst.
Dies alles garantiert jedem Mitmachenden Anonymität. Jenseits aller Technik: dafür stehe ich mit meinem guten Namen.
(3) Archivierung und Verbleib der Daten
Je nach Charakter der Umfrage ist es sinnvoll, dass die Daten nach Abschluss der Umfrage und Übergabe des Berichts archiviert werden, d.h. erhalten blieben. Wenn der Auftraggeber es wünscht, werden ihm folglich auch die Daten übergeben. So ist es z.B. unabhängig von meiner Person möglich, den Datensatz später einmal als Vergleich für Folgeuntersuchungen zu verwenden. Es ist ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers, die Daten zu haben, und damit auch unabhängig von mir als Auswerter zu sein.
Wie steht es dann um die Anonymität? Könnte dann nicht ein Vorgesetzter in die Daten schauen und eben später herausfinden, wer wie geantwortet hat? Ja, wenn man keine geeigneten Vorkehrungen trifft, und daher kläre ich die Modalitäten der Datenübergabe vorab mit dem Auftraggeber. Sofern eine Datenübergabe erwünscht ist, treffen wir dazu vor Beginn der Umfrage eine schriftliche Vereinbarung und machen diese Vereinbarung allen Befragten bekannt. Drei unterschiedliche Optionen haben sich bewährt:
- Es werden keine Individualdaten übergeben, sondern lediglich die aggregierten Kennzahlen (Mittelwerte, Häufigkeiten etc.) für z.B. die Abteilungen oder die Berufe / Tätigkeitsbereiche in einem Unternehmen. Damit entfallen wesentliche Merkmalskombinationen, die für eine De-Anonymisierung verwendet werden könnten.
- Es werden personenbezogene Angaben aus dem Datensatz gelöscht, insbes. die Angaben zu Alter, Geschlecht, Vollzeit/Teilzeit-Anstellung, befristeter/unbefristeter Arbeitsvertrag. Damit entfallen wesentliche Merkmalskombinationen, die für eine De-Anonymisierung verwendet werden könnten.
- Wir vereinbaren für die Übergabe der (ungekürzten) Rohdaten einen Passwortschutz, der eine Öffnung nur im Vier-Augen-Prinzip erlaubt. Also z.B. eine Übergabe mit physisch sicherer und passwortgeschützter Archivierung, wobei beispielsweise nur der Datenschutzbeauftragte des Betriebs und der Betriebsratsvorsitzende das Passwort (oder auch: je 1 Hälfte desselben) erhalten und das Archiv somit nur gemeinsam öffnen dürfen und können. Das legt den Zugang in die Hände vom Betrieb ernannter / gewählter Vertrauenspersonen und macht Missbrauch sehr unwahrscheinlich. Solcherart aufbewahrte Daten können für Folgeuntersuchungen von den Vertrauenspersonen eines Unternehmens direkt an die Durchführenden einer nächsten Befragung gegeben werden, so dass es möglich wird, wichtige Vergleiche – z. B. betreff der Verbesserung oder Verschlechterung einer Situation – präzise zu ziehen.
Die gesamten Daten übergebe ich bei geschlossenen Befragungen mit personenbezogenen oder sensiblen Inhalten ohne eine solche Vereinbarung grundsätzlich an niemanden.
Hinsichtlich der technischen Sicherheit verweise ich auf meine Ausführungen zu „Datensicherheit“.
Wenn Sie als Befragte/r weiterhin oder weitere Sorgen haben, wenden Sie sich unter Angabe der jeweiligen Befragung gerne an mich!