Hilfe! Ich habe so viele / so wenige zu Befragende
Ein häufiges Missverständnis zur Statistik. Zu viele Befragte kann es nicht geben. Denn der Aufwand für einen guten Fragebogen und für eine seriöse Auswertung bleibt fast gleich, egal ob es um 50, 500 oder 5.000 Befragte geht. Im Gegenteil: viele Aspekte lassen sich seitens der Statistik weitaus einfacher und vor allem sicherer beantworten, wenn man mit vielen zu Befragenden arbeiten kann. Als Statistiker freut man sich über "viel".
Es sind so wenige, da kann man statistisch nichts machen
ist eine andere Aussage, die ich oft höre. Richtig, der Umgang mit wenigen Daten ist weitaus diffiziler als jener mit vielen Daten. Aber genau dafür ist Statistik da! Wenn beispielsweise in der Medizin neue Therapiemethoden erprobt werden, beginnt man unvermeidlich mit wenigen Beobachtungen. Seriöse Statistik hilft gerade da, wo man aufgrund weniger Beobachtungen subjektiv unsicher ist, ob tatsächlich Relevantes vorliegt und welche Entscheidungen man treffen soll.
Auch umfangreiche, datenreiche Studien und Umfragen stoßen spätestens beim vertiefenden zweiten Blick auf das Problem der kleinen Zahlen. Weil man nach dem ersten Überblick über das Gesamte fast immer gezielt auch etwas über Untergruppen und Unter-Untergruppen wissen möchte, beispielsweise über kleine Abteilungen, sehr spezifische Gewerke, Besucher- oder Kundengruppen o.ä. Damit man sicher steuern und entscheiden kann, sind auch kleine Gruppen von Kunden oder Mitarbeitern statistisch zuverlässig einzuordnen. Ich habe viel Erfahrung darin, gerade in solchen Fällen Ratsuchende mit belastbarer Statistik zu begleiten.
Unsere Datenerhebung ist fast fertig. Dann gehen die Daten an unseren Statistiker, und der sagt mir, wo’s Korrelationen und Signifikanzen gibt.
Diesen Satz höre ich in leichten Variationen öfter. Er weist dem Statistiker einen spezifischen Platz im Projektablauf zu: Er springt nach der Planung der Studie und der Datenerhebung als Zahlenexperte ein, der dann seine fertigen Resultate in die wissenschaftliche Interpretation oder dem Unternehmen in die strategische Anwendung übergibt. Wer so vorgeht, spart eventuell einige wenige Beratungsstunden beim Statistiker, geht aber ein hohes Risiko ein, gleich zu Beginn seiner Studie/Datenerhebung irreparable Fehler zu machen und am Ende deutlich weniger Ergebnisse in der Hand zu halten als erreichbar wären. Denn ein guter Statistiker wird Sie noch vor der eigentlichen Datenerhebung beim Projektdesign unterstützen, auf eine geschickte Art des Fragens achten, Sie zu Skalenniveaus und Kodierungen beraten, Sie im Festlegen einer hinreichend großen Stichprobe unterstützen (damit Ihre Ergebnisse auch wirklich tragen; damit Sie nicht zu viele Daten sammeln); er wird Ihnen ggf. eine Pilotstudie vorschlagen, auf ein effizientes Vorgehen bei der Datenerhebung achten, ggf. das Thema „observer error“ im Auge haben und Ihnen die nötigen Vorkehrungen dafür empfehlen. Eine fruchtbare statistische Auswertung ist nicht die Übergabe einiger Kennzahlen an den Auftraggeber, sondern ein Dialog zwischen inhaltlicher und statistischer Expertise. Denn in der Regel – und hoffentlich! – ergeben sich nach der ersten statistischen Auswertung neue, tiefergehende inhaltliche Fragen an den Datensatz, denen dann im Dialog beider Expertisen nachgegangen werden kann, so dass Sie am Ende mehr Erkenntnisse aus Ihren Daten gewinnen als Sie anfangs planen konnten. Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist dies für den Auftraggeber die ökonomischste Art des Vorgehens.